19. Februar 2021

20% Gewinn - Soll ich verkaufen?



Ein Obermatt Premium Nutzer fragte kürzlich, ob es richtig ist, Aktien zu verkaufen, nachdem man einen Gewinn von 20% gemacht hat. Die Idee ist bestechend: "Make the money and run", wie Dr. Steins New Yorker Patenonkel zu sagen pflegt. Macht das Sinn?

Menschen denken, Aktienkurse seien ein guter Indikator für Performance. Aber das sind sie nicht. Aktienkurse spiegeln nur die Zukunft, nicht die Vergangenheit und sind daher viel mehr ein Indikator für Meinungen als für Leistung.

Das ist nicht einfach zu fassen.

Nehmen wir an, dass ein Unternehmen in einem bestimmten Zeitraum fundamental um 20% besser geworden ist. Nehmen wir an, dass dies am Ende dieses Zeitraums bekannt ist und der Aktienkurs 20% höher liegt. Wird er sich in kleinen Schritten dorthin bewegt haben?

Das lässt sich nicht sagen. Wenn die Investoren zu Beginn der Periode diese Performance Verbesserung erwarten, reagiert der Aktienkurs sofort. Er würde um +20% steigen und bis zum Ende der Periode dort bleiben (für die Techies: unter der Annahme, dass die Dividenden die erwartete Rendite der Anlageklasse liefern). Haben die Investoren diese Verbesserung nicht erwartet und sind am Ende der Periode überrascht worden, würde der Aktienkurs die ganze Zeit - während der das Unternehmen immer besser wird - flach bleiben. Erst am Ende der Periode würde er mit einem Sprung von +20% reagieren.

Die meisten Menschen, einschliesslich Obermatt CEO Dr. Hermann J. Stern selbst als Ökonomie Student, erwarten, dass sich die Aktienkurse schrittweise und gleichmässig bewegen, um die zugrunde liegende Leistung des Unternehmens während dieser Zeit widerzuspiegeln. Aber dieser Fall ist eigentlich ziemlich selten. Sobald die erste kleine Performance-Überraschung sichtbar wird, z.B. die ersten 2% der 20%igen Performance-Verbesserung, neigen die Märkte dazu, in die Zukunft zu extrapolieren und den Aktienkurs viel mehr anzuheben, als durch die aktuelle Performance des ersten Schritts gerechtfertigt ist.

Alles andere wäre irrational. Warum warten, bis die Performance tatsächlich eintritt? Warum nicht sofort die Aktie kaufen und von der Performance profitieren? Dieses Kaufverhalten lässt Aktien sofort springen, wenn sich die Erwartungen ändern - unabhängig von der zugrunde liegenden Performance.

Natürlich ändern sich die Erwartungen die ganze Zeit. Der Nobelpreisträger Robert Shiller konnte nachweisen, dass die Markterwartungen weitaus stärker schwanken als die Unternehmen hinter den Aktien und dass sie für viele, viele Jahre, sogar ein ganzes Jahrzehnt lang, falsch liegen können.

Was bedeutet das für die Verwendung vergangener Renditen als Indikator für den Verkauf einer Aktie?

Der Profit ist irrelevant. Wenn die +20% durch höhere Gewinne, veränderte Zukunftserwartungen oder die Korrektur falscher Vergangenheitserwartungen gerechtfertigt sind, gibt es keinen Grund zu verkaufen (abweichender Ansicht sind Momentum-Investoren, die der Ökonom in ihm verachtet).

Gibt es weitere Verkaufssignale? Nein, weder schlechte Nachrichten noch Analystenempfehlungen sind ein guter Grund, da sie alle ihren Ruf wahren müssen und sich daher im Rahmen dessen bewegen, was allgemein bekannt ist und sich somit in den aktuellen Aktienkursen widerspiegelt.

Verkaufen ist eine persönliche Angelegenheit, genau wie Kaufen. Wenn Sie das Geld brauchen, verkaufen Sie. Wenn Sie Geld sparen müssen, kaufen Sie. Wenn Sie mehr konsumieren wollen und kein Geld haben, verkaufen Sie Aktien. Wenn Sie woanders investieren wollen, in eine andere Aktie oder ein neues Eigenheim, verkaufen Sie Aktien. Wenn Sie Aktien haben, die Sie nicht mehr haben wollen, vielleicht weil sie nur ein administratives Ärgernis sind, weil sie zu viel an Wert verloren haben, verkaufen Sie Aktien, um Ihr Portfolio aufzuräumen. Ansonsten behalten Sie Ihre Anlagen. Was sollten Sie sonst mit Ihrem Geld tun?



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