„Meine Welt sind die Kunden. Die bringen uns am Ende die Wertschöpfung und zahlen unsere Löhne“
Das Gespräch mit Paul Zumbühl beginnt, bevor es begonnen hat. Als ich den CEO vom Fördertechnik-Spezialist Interroll in der Lobby des Hotels Montana in Luzern treffe, erkenne ich ein bekanntes Gesicht. Zusammen finden wir heraus, dass wir vor über 30 Jahren zusammen die Offiziersschule im Militär absolviert haben. Und schon schwelgen wir in gemeinsamen Erinnerungen. Wir hätten wohl noch stundenlang über die Zeit in grün diskutieren können, doch für das fehlt die Zeit. Schliesslich treffe ich Paul Zumbühl aus einem ganz anderen Grund. Für das Geleistete im Jahr 2015 übergebe ich dem CEO von Interroll einen Goldpin. Er hat in zwei Kategorien im Obermatt Ranking eine Spitzenposition erreicht.
Im Tessin zuhause, auf der ganzen Welt unterwegs
Interroll ist das einzige börsennotierte Unternehmen im gesamten Kanton Tessin, deswegen erstaunt es nicht, dass Paul Zumbühl oft unterwegs ist. Er will nahe bei den Kunden sein, will den Markt verstehen und bevorzugt persönliche Begegnungen. «Meine Welt sind die Kunden. Die bringen uns am Ende die Wertschöpfung und zahlen unsere Löhne. Ich beschäftige mich sehr viel und intensiv mit den Kunden und ihren Bedürfnissen.» Um diese Bedürfnisse zu eruieren, braucht der CEO, neben persönlichen Gesprächen, das passende Personal. Er hat gemeinsam mit einem Team vor gut zehn Jahren die sogenannten Interroll Core Values ins Leben gerufen und die sind, um es militärisch zu sagen, für jeden im Unternehmen Sackbefehl, das heisst stets dabei zu haben. Diese Werte sind dem 59-jährigen sehr wichtig und er will, dass sie überall weltweit verstanden werden. «Im letzten Oktober war ich in Mexico und habe mit unserer Geschäftsführerin vor Ort bei einer vier stündigen Autofahrt nur über diese Werte gesprochen.», sagt er. Wie diese Werte zustande kamen, zeigt auch wie Paul Zumbühl tickt. Sie hatten eine Fotografie vor Augen und gingen vor, wie wenn sie eine Person beschreiben würden mit ihrem Äusseren, ihrem Charakter und wie sie auf andere wirkt. So konnten sie erkennen, was den Erfolg von Interroll ausmacht. Heute hat das in der Lagerlogistik tätige Unternehmen die Position des globalen Marktführers.
Vier CEO-Rollen in 16 Jahren
Paul Zumbühl ist noch einer der wenigen CEOs, die es geschafft haben über ein Jahrzehnt mit Erfolg Konzernchef der gleichen Firma zu bleiben. Er hat nach wie vor den selben Biss wie 2000 und in seiner Zeit bei Interroll das Unternehmen massgebend geprägt. Und diesen Biss braucht er, um seine Aufgaben zu bewältigen. Der gebürtige Innerschweizer durchlebte als CEO Vier-Jahres-Zyklen. «Die ersten vier Jahre waren Restrukturierung und Neupositionierung, danach folgte der Schritt vom internationalen zum globalen Unternehmen mit Akquisitionen und vielen neuen Firmen auf der grünen Wiese. Anschliessend waren durch die Strategie organisatorische Anpassungen notwendig. Und in den letzten vier Jahren ging es darum, wie wir unsere Leistungen zu Gunsten des Kunden weiter verbessern und so sein Leben vereinfachen können» Da sind sie wieder, die Kundenbedürfnisse. Immer wieder fällt im Gespräch der Begriff Kunde. Es ist spürbar, wie wichtig die Kunden für Paul Zumbühl sind. Um die Kunden zu erreichen, geht das Unternehmen seinen eigenen Weg.
«Verschweizerischen» ist fehl am Platz
Es ist ein Wort das Erklärungsbedarf mit sich trägt. «Verschweizerischen» ist noch kein offizieller Begriff und doch kann sich jeder etwas darunter vorstellen. Gemeint ist, dass Interroll aus einem chinesischen oder einem amerikanischen Unternehmen keine Schweizer Firma machen will. Sie haben in ihren Gesellschaften im Ausland keinen einzigen Schweizer angestellt, es sind immer lokale Mitarbeiter. Paul Zumbühl meint dazu: «Ich vertraue jedem meiner Mitarbeiter. Vertrauen ist für mich das höchste Gut. Klar, wenn es missbraucht wird, bin ich sehr konsequent.» Was die 32 Interroll Firmen auf allen Kontinenten miteinander verbindet sind die gemeinsamen Core Values. Er scheint den richtigen Weg gefunden zu haben, denn sein Unternehmen wächst weiter und stärkt die Position. Im nächsten Atemzug fällt schon wieder dieser Begriff, der Kunde. Ein wachsendes Unternehmen sei etwas anderes als eine Firma, die sich im Kostenmodus befindet. Sie müssten schneller beim Kunden agieren können und Dynamik aufweisen. Bei der Personalrekrutierung setzt der CEO auf seine langjährige Erfahrung. Er achtet darauf, was die Personen erreicht haben und holt sich die nötigen Referenzen ein. «Ein Manager kann sich in den ersten Jahren hinter der Organisation und der Erfolge der Vergangenheit verstecken. Ein anderes Problem ist, dass manche Manager alles selber machen wollen. In meinen Augen ist Komplexität und das Unterschätzen des Zeitelementes die grösste Gefahr für jeden Manager.» Wenn die ideale Person gefunden ist, gilt es die zu fördern. Der 59-Jährige will dabei nicht die Schwächen weniger schwach machen, sondern die Stärken gezielt verstärken..
Martin Schneider, CEO BRAINFORCE AG: Mir ist aufgefallen, dass Sie sich ständig Notizen machen in ein kleines Büchlein.
Diese Büchlein habe ich stets bei mir und mache mir handgeschriebene Notizen. Ich hätte auch einen Laptop in der Tasche, aber ich bevorzuge diese Art. Das Büchlein nehme ich auch mit in die Wüste und notiere mir jegliche Details. Überall wo ich bin. Das mache ich nun seit zwanzig Jahren und habe alles archiviert. Ich habe so enorm viele Beobachtungen und Marktwissen gesammelt. Wenn ich im Flugzeug bin und andere ein Video anschauen, kann ich mich stundenlang mit dem Büchlein beschäftigen und gewinne dadurch eine Riesen-Menge an neuen Erkenntnissen. Immer wieder neue Impulse dem Unternehmen zu bringen, ist in der jetzigen Wachstumsphase entscheidend.
Sie werden nächstes Jahr 60 Jahre alt. Wie halten Sie sich fit?
Ich gehe jeden Morgen joggen und will wie die Firma agil bleiben. Ich kann nicht nur am Geleisteten hangen bleiben. Zudem bin ich mir bewusst, was ich benötige. Manche Manager sagen, ihnen würden drei oder vier Stunden Schlaf reichen. Ich brauche meine acht Stunden und auch meine Freizeit, so kann ich auftanken und dem Unternehmen neue kreative Ideen bringen. Zudem habe ich ein ambitioniertes Ziel. Ich will in den nächsten zwei Jahren die einfachste und trotzdem sehr anspruchsvolle Solo-Partite für Violine von Johann Sebastian Bach im kleinen Rahmen aufführen können. Ich beherrschte sie mit 24 Jahren beinahe, will nun aber besser werden. Die Barock Musik fasziniert mich generell und dieses Ziel hält mich mit Üben auf Trab.
Sie haben zwei Töchter. Die ältere ist mittlerweile 26-jährig. Was haben Sie ihr mit auf den Weg gegeben?
Ich habe ihr mitgegeben, dass man viel selber beeinflussen kann und dass man nicht abwarten sollte, sondern Dinge selbst anpackt. Sie geht in eine andere Richtung als ich. Sie ist in der Pädagogik tätig und nicht als Managerin. Zudem gab ich ihr mit, dass man mit Hartnäckigkeit viel erreichen kann und das nicht nur im Berufsleben.
Sie beide haben durch einen Unfall einen Schicksalsschlag erlebt und dabei die halbe Familie verloren. Haben Sie dadurch eine besondere Beziehung zu Ihrer Tochter?
Es ist ein enormer Schlag, wenn man anfangs Vierzig die Hälfte der eigenen Familie verliert. Die Verarbeitung dauert enorm lange und hat auch heute noch grosse Narben hinterlassen. Aber ich sehe auch das Positive. Es macht enorm Freude, wenn ich sehe, dass ich etwas Neues aufbauen konnte. Ich musste Geduld haben und die Trauerarbeit dauerte lange. Aber die Freude kommt wieder zurück. Ich habe mittlerweile eine zweite Tochter, die 7-jährig ist und sie hat ebenfalls eine spezielle Beziehung zu meiner älteren Tochter. Durch die Vorgeschichte erlebe ich das viel bewusster und intensiver als andere, die über fünfzig noch einmal Vater werden. Es ist ein Riesen-Glück für mich.
3 Wünsche für Interroll
Aufgrund unserer Strategie und mit den Mitarbeitern weiterhin erfolgreich sein
Führende globale Marktposition weiterausbauen
Den Mitarbeitern weiterhin spannende Arbeiten geben können und ihnen die Möglichkeit bieten, sich weiterzuentwickeln und erfolgreich zu sein.
3 persönliche Wünsche
Glückliche Familie
Gesund bleiben
Eines Tages etwas Anderes machen können, z.B. in der Musik