„Diese Aktie hat gute Sicherheit." Wenn wir bei Obermatt so ein Urteil fällen, könnte man glatt meinen, dass wir es als sicher ansehen, in besagte Aktie zu investieren. Aber nein; es bedeutet etwas anderes. Verfügt bei uns eine Aktie über einen guten Sicherheits-Rang, dann heisst es, dass dessen Unternehmen sicher finanziert ist. Was uns also interessiert, ist die Art und Weise der Unternehmensfinanzierung. Genauer: Unternehmen, die sehr viele Schulden haben, sind nicht so sicher finanziert wie Unternehmen mit weniger Schulden. Wenn man so will, ist der Sicherheits-Rang ein „Schulden-Rang".
Inwiefern er für Sie als Aktieninvestor eine Rolle spielt, möchte Obermatt CEO Dr. Hermann J. Stern nun aufzeigen. Dazu müssen Sie wissen, wie der Sicherheits-Rang überhaupt berechnet wird. Hierfür schauen wir uns die Finanzierungsstruktur von Unternehmen an. Zunächst einmal sind Unternehmen mit Eigenkapital finanziert. Es ist das Geld, das sie von Ihren Aktionären kriegen. Haben Sie selbst Aktien gekauft, so ist dieses von Ihnen bezahlte Geld in das Eigenkapital Ihres Wunschunternehmens geflossen.
Eine weitere Geld- und Finanzierungsquelle für die Unternehmen stellen die Schulden dar. Firmen leihen sich Geld von Banken oder auf den öffentlichen Märkten. Somit können jene Anlagen finanziert werden, die die Unternehmen benötigen, um die gewünschten Produkte und Dienstleistungen für ihre Kunden herzustellen.
Doch leider können Schulden zu Problemen führen. Nehmen etwa die Anlagen ab (zum Beispiel auf Grund der volkswirtschaflichen Entwicklung oder unternehmensspezifischen Problemen, weil das Geschäft nicht wie erwartet läuft), so bleiben die Schulden trotzdem gleich. Damit mindern sie das Eigenkapital. Für Sie als Aktionär ist das ein Problem; gleichzeitig aber auch eine Chance. Denn wenn der umgekehrte Fall eintritt, die Anlagen also wachsen, weil es dem Unternehmen gut geht, dann bleiben die Schulden ebenfalls konstant. Dies wiederum bedeutet, dass das Eigenkapital wächst und Sie als Aktionär davon profitieren.
Der erste Obermatt-Sicherheits-Rang setzt sich deshalb aus dem Verhältnis von den Schulden zu dem Eigenkapital zusammen. Je kleiner die Schulden im Vergleich zum Eigenkapital sind, desto kleiner ist der sogenannte Verschuldungsgrad; und desto besser ist der Rang der Verschuldung. Der Verschuldungsgrad ist somit der erste Sicherheits-Rang, den wir bei Obermatt berechnen.
Für die Berechnung des zweiten Sicherheits-Ranges ist die Tatsache entscheidend, dass Unternehmen ihre Schulden auch irgendwann zurückzahlen müssen. Und wenn das passiert, werden diese fälligen Schulden in der Bilanz als „kurzfristige Schulden" aufgeführt. Auch das kann zum Problem werden. Erweisen sich nämlich diese kurzfristigen Schulden als sehr gross im Vergleich zum Gesamtunternehmen, so besteht das Risiko, dass das Unternehmen sich nicht mehr oder nur schwer refinanzieren kann. Aus diesem Grund berechnen wir den sogenannten „Refinanzierungsgrad". Er gibt Auskunft darüber, wie einfach es für ein Unternehmen ist, die fälligen Schulden mit neuen langfristigen Schulden abzulösen.
Zu guter Letzt darf man nicht vergessen, dass jedes Unternehmen auf die Schulden auch Zinsen zahlen muss. Diese Zinsen können aber nur mit Gewinnen bezahlt werden. Aus diesem Grund setzen wir die Zinsen ins Verhältnis zu den Gewinnen des Unternehmens. Das nennen wir dann die „Liquidität".
Somit haben wir bei Obermatt drei Kennzahlen, mit denen das Finanzierungsrisiko ins Verhältnis zur Unternehmensgrösse gebracht wird:
- der Verschuldungs-Rang
- der Refinanzierungs-Rang
- derLiquiditäts-Rang
Diese drei Kennzahlen fliessen in den konsolidierten Obermatt-Sicherheits-Rang ein. Je höher er ist, desto unproblematischer sind die Verhältnisse zwischen Finanzierungsrisiko und Unternehmensgrösse.
Nun stellt sich aber die Frage, wie sehr Verlass auf den Sicherheits-Rang ist. Die Antwort ist: „sehr". Die Probleme, die den Aussagegehalt nämlich trüben könnten, sind relativ gering. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil die Buchhaltungsstandards der Unternehmen alle Schulden möglichst genau ausweisen wollen. Der Aspekt der Sicherheit ist innerhalb der Buchhaltung das A und O. Deshalb sind die Informationen auf der Bilanz ziemlich zuverlässig.
Dennoch gibt es eine Situation, bei der unsere Obermatt-Sicherheits-Rang nicht immer das richtige Bild liefern. Und zwar in den Fällen, wo ein Unternehmen beschliesst, seine Produkte nicht zu verkaufen, sondern zum Leasing anzubieten. Dies hat zur Folge, dass keine Einnahmen auf diese Produkte erzielt werden; stattdessen muss Geld aufgenommen werden, um die Produkte den Kunden zur Verfügung zu stellen. Damit erhöhen sich die Schulden. Gleichzeitig erhöhen sich aber auch die Guthaben gegenüber den Kunden, wodurch das Problem kaum mehr ins Gewicht fällt.
Solche Situationen versuchen wir bei Obermatt zu isolieren und nur Unternehmen mit ähnlichen Geschäftsmodellen miteinander zu vergleichen. Nur ist es nicht immer so einfach, das Leasing-Geschäft genau zu identifizieren. Es kann also vorkommen, dass wir es nicht erkennen, wodurch der Sicherheits-Rang zu tief bewertet wird als er tatsächlich ausfallen sollte. Dies ist auch der Grund, weshalb Obermatt CEO Dr. Hermann J. Stern auch schon mal Aktien gekauft hat, die einen tiefen Sicherheits-Rang aufwiesen – in dem Fall kannte er den besagten Effekt und sah das vermeintliche Problem relativiert.
Für ihn persönlich ist der Sicherheits-Rang der zweitwichtigste Rang bei Obermatt. Für die Einschätzung einer Aktie lässt sich daher sagen: Dr. Stern beginnt mit dem Value-Rang, da er die Aktie nicht zu teuer kaufen möchte – sie soll ja möglichst günstig erworben werden. Doch gleich im nächsten Schritt gilt sein Fokus dem Sicherheits-Rang. Erst recht, wenn die Konjunktur nicht wirklich stabil ist. Dann ist ihm die Sicherheit besonders wichtig. Und schliesslich schaut er auf den Wachstums-Rang und auf das Unternehmen selbst. Dr. Stern beurteilt dessen Zukunft. Sie sehen also: Die Sicherheit ist recht bedeutend beim Investieren.