«Wollen heisst können» lautet das Lebensmotto von Markus Graf. Und dass er als CEO die Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site erfolgreich in die Zukunft führen will und kann, beweist der diplomierte Architekt bereits seit fast 12 Jahren.»
Erst ab Januar 2013 allerdings sind er und sein Führungsteam auch direkt bei der Swiss Prime Site angestellt – vorher hat das Unternehmen seine Managementleistungen vom Real Estate Asset Management der Credit Suisse bezogen. Mit diesem Schritt stärkt Swiss Prime Site nun seine eigene Organisations- und Führungsstruktur. Für Graf ein wichtiger Schritt, der das Knowhow zusammenfasst und Entscheidungen vereinfacht und damit beschleunigt: «Das Umfeld auf den Immobilienmärkten ist heute viel kompetitiver als zur Jahrtausendwende, als wir mit Swiss Prime Site starteten. Auch die Grössenordnungen haben sich verschoben: Wir halten heute Immobilien im Wert von 8.4 Milliarden CHF und haben derzeit Neubauprojekte für mehrere hundert Millionen am Laufen. Dies braucht Strukturen, die einen präzisen und zeitnahen Informationsaustausch erleichtern und die Schlagkraft maximieren.» Markus Graf muss es wissen, denn der 62-Jährige steht der Swiss Prime Site fast vom ersten Tag an als CEO vor. In seiner gleichzeitigen Funktion als Leiter Real Estate Asset Management bei Credit Suisse hat er in den letzten 14 Jahren das verwaltete Vermögen von 750 Millionen auf 30 Milliarden CHF gesteigert, indem er als Verantwortlicher über 1'200 Liegenschaften gekauft oder gebaut und 12 neue Immobilienanlagegefässe lanciert hat. Besonders die Übernahme der Jelmoli AG und der Maag Gruppe, auf deren ehemaligen Industrieareal die Swiss Prime Site kürzlich den Prime Tower gebaut hat, sorgten für enormen Wachstumsschub der Swiss Prime Site. Im letzten Jahr konnte die Immobiliengesellschaft unter der Führung von Markus Graf ihren Reingewinn auf eine Million CHF pro Tag steigern.
Reine Zahlengläubigkeit ist genauso gefährlich wie reines Bauchgefühl
„Wollen heisst
können – das
Lebensmotto von
Markus Graf.“
Wer jetzt allerdings denkt, dass der Mann, der Erfolg damit definiert, dass man «etwas schafft, das Bestand hat und Nutzen stiftet», in seiner Freizeit am liebsten Aktienkurse checkt, irrt sich. Zwar interessiert sich Graf für Prognosen, Tendenzen und Kurven, allerdings geht es dabei nicht um Aktien, sondern ums Wetter: Der leidenschaftliche Hobby-Meteorologe ist begeistert von Wetterdaten und -entwicklungen und besitzt zu Hause eine eigene Wetterstation. Was Graf an der Meteorologie fasziniert ist: «Die Kombination von exakten Daten, die einwandfrei gemessen werden und so gesehen objektiv sind, mit der Interpretationsfähigkeit. » Diese würde zwar mit zunehmender Erfahrung immer exakter, biete aber immer einen Ermessensspielraum und bleibe deshalb subjektiv. Diese Mischung aus rationalem Kalkül und Bauchgefühl sorgt dafür, dass sich der CEO auch über schlechtes Wetter freuen kann: «Es ist sehr befriedigend, wenn die erwarteten Entwicklungen eintreten. Und wenn es anders kommt als erwartet, stachelt dies den Ehrgeiz an, daraus zu lernen und es das nächste Mal besser zu treffen.» Ein wenig vom Meteorologen steckt auch in der Führungsperson Graf: «Auch hier braucht es den Mix. Reine Zahlengläubigkeit ist ebenso gefährlich wie das reine Bauchgefühl. Besonders wichtig ist es, dass man auch scheinbar hieb- und stichfeste Daten immer wieder hinterfragt. Mit Statistiken lässt sich bekanntlich alles beweisen, auch das Gegenteil. Auf den Führungsstil übertragen bedeutet dies die Fähigkeit, im richtigen Augenblick den richtigen Personen die richtigen Fragen zu stellen.» Ob Grafs Faible für die Vorgänge und Gesetzmässigkeiten in der Erdatmosphäre die Swiss Prime Site zum Bau des höchsten Gebäudes der Schweiz, dem Prime Tower, inspiriert hat, können wir nicht mit Sicherheit sagen. Wohl aber, dass Markus Graf sich darauf freut, ab 2013 mehr Zeit im Prime Tower und «in einem der dynamischsten Entwicklungsgebiete der Schweiz» verbringen zu können. Vielleicht ja auch, weil der passionierte Wetterbeobachter dem Himmel dort einfach näher sein kann.
Als Immobiliengesellschaft profitieren Sie seit einiger Zeit von historisch niedrigen Zinsen. Was passiert, wenn die Zinsen wieder steigen?
Wir sehen keinen baldigen und schon gar keinen starken Zinsanstieg. Zudem haben wir die Fremdfinanzierung mittel- bis langfristig ausgelegt. Die durchschnittliche Restlaufzeit aller Kreditverbindlichkeiten beträgt über vier Jahre. Gegen Konsumentenpreiserhöhungen, die sich in der Regel bei steigenden Zinsen ergeben, sind wir gut geschützt, weil die meisten Mietverträge indexiert sind und noch mehrere Jahre laufen.
Ihre Strategie heisst Fokussierung – besonders auf Geschäfts- und Retailimmobilien. Wie passt da das Wohnbauprojekt Maaghof Nord und Ost mit 219 Wohnungen dazu?
Der Maaghof passt, weil es eine Prime-Immobilie ist, aber auch wegen seiner Prime-Lage auf einem Grundstück, das uns seit sieben Jahren gehört. Von den Wohnungen profitieren auch unsere anderen Liegenschaften auf dem Maag-Areal und das gesamte Quartier. Für uns handelt es sich um eine Arrondierung, nicht um einen Strategiewechsel.
Wie führt man in einer stillen Revolution?
Über klare Zielsetzungen und verbindliche Absprachen. Der Verbindlichkeitsgrad in der Organisation hat sich dramatisch erhöht. Vereinbarte Ziele sind für mich wie ein Vertrag. Es können sich natürlich im Geschäftsleben immer Randbedingungen ändern. Niemand kann voraussehen, wie sich der Markt in acht Monaten genau verhält. Dennoch muss man Widrigkeiten bei Bedarf aktiv angehen und darf nicht aufgeben, um letztendlich trotzdem die Zielsetzungen zu erreichen.
Ihr Unternehmensleitspruch lautet ja «picking the real value». Was ist hier unter «echten Werten» zu verstehen?
Was «wertvoll» ist, entscheidet der Markt. Nur vermietete Flächen sind gute Flächen. Dies müssen wir uns immer wieder vor Augen halten. Da Gebäude von der ersten Projekidee bis zum Einzug der Mieter und den ersten Erträgen viele Jahre brauchen, ist es enorm wichtig, antizipieren zu können. Wir müssen heute die Investitionsopportunitäten entdecken, die uns in einigen Jahren schöne Renditen und hoffentlich auch Einwertungsgewinne bringen. Diese Fähigkeit macht den grössten Wert von Swiss Prime Site aus.
Mit einer der grössten Hausverschiebungen Europas ist kürzlich ein 80 m langes, historisch wichtiges Gebäude in Ihren Besitz übergegangen. Wie haben Sie diese Aktion erlebt?
Es war eine ganz tolle Leistung, der eine sehr lange und detaillierte Planung vorausgegangen war. Die beteiligten Partner wollten nichts dem Zufall überlassen. Diese Mentalität und der professionelle Einsatz haben sich bezahlt gemacht. Wie Sie vielleicht wissen, halten wir rund 200 Immobilien. Aber noch nie ist eine Liegenschaft auf dem Schienenweg in unser Portfolio gerollt.
Wieder einmal wird bestätigt: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Gab es schon andere Momente in Ihrer Karriere, in der sich das bewahrheitet hat?
Ja, des Öfteren. In meiner Zeit bei Swiss Prime Site denke ich an die PostFinance-Arena in Bern (Eröffnung 2009) oder an Sihlcity in Zürich (Eröffnung 2007). In beiden Fällen gab es viele Leute, die sagten, diese Projekte würden nie rentabel sein. Also haben wir so lange gerechnet, verhandelt und angepasst, bis wir uns mit den Totalunternehmen und den Mietern einig waren. Sowohl das Stadion als auch Sihlcity waren von Anfang an rentabel und bereiten uns viel Freude. Sihlcity wurde übrigens per 31. Dezember 2011 mit 793 Millionen CHF bewertet. Dies sind 33 % mehr als die gesamte Investitionssumme.
Herr Graf, wo sehen Sie sich in 10 Jahren?
Öfter in der freien Natur, am Sport treiben, am Reisen, sicher nicht als einer, der mit sich und seiner Zeit nichts anzufangen weiss.