13. November 2015

Robert Suter
Offen für Vieles, ehrlich zu sich selbst

(Text und Foto)

Profil
Rober Suter - Schleudersitz hin oder her - Robert Suter ist bereit für ein nächstes Abendteuer.

Robert Suter hat ungewohnt viel freie Zeit. Seit er nicht mehr CEO des Mischkonzerns Conzzeta ist, lernt er sich selbst von Tag zu Tag noch besser kennen. Er fühlt sich bereit für eine Rückkehr auf einen Chefposten und sich noch einmal einer Herausforderung zu stellen. Treu nach seinem Lebensmotto: „Mich selber und die Leute zum Blühen bringen!“

Ecuador mit den wunderschönen Landschaften, Sonnenschein, ein schmaler Pfad und ein Offroad-Motorrad. Robert Suter ist in seinem Element und düst auf der Maschine quer durch das südamerikanische Land. Zu erkunden gibt es ein Land voller Vielfältigkeit. Der Start auf Meereshöhe, einige Stunden später die Aussicht von einem Berg auf 5000 Metern Höhe hinab ins Tal. So klingt das schönste Töfferlebnis von Robert Suter.
In seiner Garage in Uetikon am See, immerhin mit Sicht auf den Zürichsee, stehen vier Motorräder. Das kleinste ist ein Erbstück von seinem verstorbenen Vater. Ein Töffli in Originalzustand. Er sagt dazu: „Heute könnte ich das teuer verkaufen, denn meine eigenen Töfflis waren alle frisiert. Unfrisierte sind eine Seltenheit und haben darum einen hohen Wert“. Doch auch beim gelernten Diplom-Ingenieur steht ein frisiertes Zweirad in der Garage; eine Bimota mit frisiertem Ducati-Motor. Ein Monstrum das vor allem viel Lärm mache  und sehr schön zum Fahren sei. Das passt zum leidenschaftlichen Biker. Denn auf die Frage, ob er eher Tempobolzer oder Geniesser sei, sagt er: „Ich geniesse das Tempobolzen.“

Martin Schneider, BRAINFORCE AG: Sie sind seit Februar nicht mehr CEO von Conzzeta. Haben Sie nun mehr Zeit für sich selbst?

Robert Suter: Das ist richtig und wichtig. Ich habe 25 Jahre ohne Unterbrechung sehr verantwortungsvolle Jobs erfüllt. Ohne einen freien Tag zwischen zwei Anstellungen. Nun geniesse ich es, freie Zeit für mich zu haben. Ich mache Weiterbildungen, treibe viel Sport, fahre Motorrad und treffe Leute rund um den Globus um zu sehen, was es in der Welt sonst noch gibt und um zu erkunden, was mich reizen könnte.

„Mir ist Erfolg noch nie einfach so in den Schoss gefallen.“

Was haben Sie in Ihrer beruflichen Laufbahn bisher noch nicht erlebt?

Mir ist Erfolg noch nie einfach so in den Schoss gefallen. Das würde mir auch Schwierigkeiten bereiten. Ich könnte, gerade in meiner Phase der Neuorientierung, einfach mal warten und schauen, was auf mich zukommt. Das entspricht mir nicht. Ich will mich selber und Leute zum Blühen bringen.

Was möchten Sie in Zukunft noch erreichen?

Ich will noch weiter etwas bewegen. Ich habe die Energie und ich traue es mir zu, auch noch einmal etwas Operatives zu machen. Mittel- bis langfristig bieten sich mir auch andere Möglichkeiten. Dank meiner langjährigen Erfahrung, kann ich mir durchaus auch eine selbständige Coaching- respektive Interim Manager- oder Berateraufgabe sehr gut vorstellen. Bei einer Tätigkeit, sei es operativ oder in einem Verwaltungsrat, steht für mich besonders ein Punkt im Vordergrund: Ich muss dazu beitragen können, dass sich das Geschäft weiterentwickelt und ich die Menschen zum Blühen bringen kann.
Privat möchte ich ein zufriedener, weiser Mann werden, der in sich eingebettet ist. Ich war schon immer eine sehr aktive Person. Nun möchte ich gerne noch diese andere Seite in mir entwickeln. Der Mensch sollte das Glück in sich selbst suchen.

Welche Werte bezeichnen Sie als Ihre persönlichen?

Ich habe ein positives Menschbild und ich denke Menschen arbeiten grundsätzlich gerne. Jeder will vorwärtskommen, so auch ich. Das war nicht immer nur zu meinem Vorteil. Zudem bin ich der Meinung, dass man aus jeder negativen Erfahrung lernt und diese ins Positive wenden kann. Ich will immer das Beste aus der Situation rausholen und habe einen grossen Ehrgeiz. Der kommt aus Prägungen meiner Kindheit.

Was sind das für Prägungen?

Mein Vater war Pilot und wie es Piloten so an sich haben ein „Ober-Kontrolleur“. Er hat mich ständig kontrolliert, was mir überhaupt nicht passte. Ich versuchte das zu kompensieren indem ich der Beste sein wollte. Das hat sich bis heute nicht geändert, auch wenn mein Vater nicht mehr lebt. Ich kann Ihnen ein Beispiel geben. Als ich ihm voller Stolz meinen ersten Geschäftsbericht präsentierte, war sein erster Kommentar dazu: „Auf Seite 3 hat es noch einen Tippfehler.“ Ich wurde von meinem Vater kaum gelobt. Das ist einerseits schrecklich. Anderseits ein enormer Antrieb. Ein Antrieb der Beste zu sein. Folglich kommt dieser Anspruch aus einer negativen Prägung der Kindheit. Eine weitere Folge ist mein Drang zum eigenen Perfektionismus. Als kleiner Bub wollte ich meinen Vater kopieren. Ich bin sogar am Tisch an seinen Platz gesessen, wenn er abwesend war.

Ist es in Ihren Augen ein Grundmerkmal von Führungspersonen, dass Sie schon früh mit Herausforderungen konfrontiert werden?

Ich glaube jede ganz grosse Stärke entwickelt sich aus einer Herausforderung in der Kindheit. Motivatoren wie „sei stark“, „sei schnell“ oder „sei perfekt“ sind einerseits genetisch bedingt und anderseits die Folge von einschneidenden Erlebnissen in der Kindheit oder den Jugendjahren. Auf der einen Seite sind diese Motivatoren ein enormer Antrieb, auf der anderen Seite können sie ein Hindernis darstellen.
Ich selbst musste lernen zu geniessen und ich stecke immer noch mitten in dieser Lernphase. Zudem fällt es mir schwer, stolz zu sein auf das, was ich erreicht habe. Aber es geht immer besser. Man denke an Seite 3 des Geschäftsberichts.

Ihnen liegen Menschen und deren Zufriedenheit am Herzen. Zeigt sich das auch in Ihrem Führungsstil? Passen Sie den je nach Situation an?

Es gibt da zwei Punkte. Einerseits sind wir alles Menschen und wir haben alle dieselben Bedürfnisse. Jeder wird ähnlich motiviert und jeder ist gerne vorne mit dabei. Wenn ich eine Firma führe, beziehe ich die Mitarbeiter mit ein. Wir kreieren gemeinsam eine Vision und eine Strategie. Das funktioniert auf der ganzen Welt ähnlich.
Anderseits gibt es kulturell riesige Unterschiede, beispielsweise im Rollenverständnis. Da muss sich ein CEO sehr genau darauf einstellen. Das setzt voraus, dass man sich selbst sehr gut kennt und selbstkritisch ist. Es geht darum eine Empathie für das menschliche Gegenüber zu entwickeln.

Ich war vor Jahren in Korea tätig. Ich wusste, dass sie dort in der Schule Englisch lernen. Zudem war mir bewusst, dass Koreaner ungerne Fehler machen, weil sie dabei das Gesicht verlieren. Zu Beginn hat sich keiner getraut, mit mir Englisch zu sprechen. Ausser diejenigen, die perfekt sprechen konnten. Ich musste als Chef vorne hin stehen und allen Mitarbeitern klarmachen, dass mir bewusst ist, dass sie Angst haben, gerade vor mir, ihr Gesicht zu verlieren. Aber jeder macht Fehler und Fehler sind menschlich - zudem beim Sprachenlernen unerlässlich. Das musste ich ihnen aufzeigen. Ich als ihr Chef, habe sie dazu gebracht, dass sie trotz allem Englisch sprechen.

Sie haben vorher gesagt, dass Sie viele Enttäuschungen erlebt haben. Konnten Sie diese ins Gegenteil umwandeln?

Ja. Das ist in meinen Augen sehr wichtig. Jede negative Erfahrungen muss man in etwas Positives drehen können. Ich habe schlimme Erfahrungen gemacht, aber ich konnte daraus lernen und wachsen. Diese Fähigkeit Niederlagen schnell zu verdauen und noch schneller wieder aufzustehen, muss man entwickeln.

Conzzeta, ihr letzter Arbeitgeber, feierte 2012 das 100-jährige Bestehen. Das Motto war damals „Loslassen und Anpacken“. Das passt momentan ideal zu Ihrer Lage.

Ich finde diesen Spruch toll. Man muss veränderungsbereit sein im Leben. Wir leben alle nur einmal und ich finde es etwas Schönes, wenn man viel erlebt. Das kann man aber nur, wenn man gewisse Sachen loslässt und sich ins nächste Abendteuer hinein stürzt und etwas Neues anpackt.

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