Das Finanzresearch-Unternehmen Obermatt ist ein Spezialist für indexierte Leistungsmessung und erstellt unabhängige Ranglisten, darunter zu den besten CEOs des Jahres in Deutschland und der Schweiz. Ab nun kommt eine eigene Österreich-Wertung, die exklusiv für das WirtschaftsBlatt erstellt wurde, hinzu. KTM-Chef Stefan Pierer schaffte es auf's Stockerl unter den Large Caps im Ranking CEO des Jahres.
WirtschaftsBlatt:Sie wurden bei der CEO-Wahl an zweitbester Stelle gereiht, wobei dieses Ranking auf nüchternem Zahlenwerk basiert. Wie würden Sie selbst Ihren Führungsstil beschreiben?
Stefan Pierer:
Ich bin kein Anhänger der Matrixorganisation: Es gibt zwar eine Entscheidungsfindung im Team, um abzuwägen. Aber auf einem Schiff gibt es einen Kapitän, der am Ende die Entscheidungen treffen muss.
Kriterium für die Wahl war auch der Aktienkurs. Ist der bei einem Streubesitz von unter einem Prozent überhaupt noch der Rede Wert?
Es gibt bei KTM einen klaren Mehrheitseigentümer, das ist meine Seite, und dann gibt es einen strategischen Partner aus Indien, der 47 Prozent hält. Bajaj ist meine ausgelagerte Werkbank für Einstiegsmotorräder und die Emerging Markets. Es gibt den ganz klaren Fokus, gemeinsam in die Zukunft zu gehen. Leider ist der Freefloat gering, aber die wenigen, die dabei sind, haben sicher keinen Schaden erlitten.
Obermatt lobt den Turnaround und, dass der operative Gewinn wieder fast ein Rekord war. Der Umsatz war der höchste der Geschichte . . .
Wir hatten 2013 einen Rekordumsatz und werden 2014 wieder einen haben. Dafür gibt es mehrere Gründe: Einerseits die Krise von 2008/2009, als die Märkte eingebrochen sind. Das war wie ein Fitnesstraining. Wenn Sie das schaffen, gehen Sie gestärkt aus der Krise hervor. Das andere ist die Marke KTM, die ganz klar für einen Inhalt steht. Bei uns ist das der Rennsport. Durch die mit Erfolgen aufgeladene Marke können wir Premiumpreise verlangen. Ein weiterer Punkt ist das Produkt. Wir sind punkto Innovation, Produktentwicklung und Design Benchmark. Und wir haben sehr früh - auch eine Folge der Krise - auf Globalisierung gesetzt. Wir erzielen mehr als die Hälfte vom Umsatz außerhalb Europas. Im Asean-Raum und in Lateinamerika gibt es Märkte, wo wir dreistellig wachsen.
Was heißt das für 2014?
Wir werden mehr als 800 Millionen € Umsatz machen - das entspricht einem Plus zwischen 15 und 20 Prozent.
Sie haben Ihren indischen Partner als verlängerte Werkbank bezeichnet und gemeint, die Globalisierung sei wichtig. Ist der Industrie- und Forschungsstandort Österreich noch wettbewerbsfähig?
Ich bin ein Verfechter des österreichischen Industriestandorts, obwohl er in den vergangenen Jahren schwer unter Druck geraten ist. Positiv sind die Mitarbeiter, die Ausbildung, die Motivation. Vorteile im Vergleich zu anderen Ländern verschafft uns auch die Forschungsprämie sowie Exportfinanzierungs-Unterstützungen. Probleme bereitet uns aber die überbordende Bürokratie, sowie übermäßige Steuern auf Arbeit. Wenn ihnen ab 3000 oder 4000 € die Hälfte weggenommen wird, ist es schwierig, die Leute zu motivieren, mehr zu tun. Es wird immer schwieriger, Leistungsträger zu motivieren, ins Ausland zu gehen. Recruiting ist mittlerweile das größte Thema für erfolgreiche Unternehmen in Europa.
KTM beschäftigt 75 Lehrlinge. Ist es in Österreich noch leicht, gute Bewerber zu finden?
Wir sind in der glücklichen Lage, in einer ländlichen Gegend zu sein. Wir sind dort der Leitbetrieb mit über 2000 Mitarbeitern und haben bei unter 16-Jährigen mit unserem Produkt hohe Attraktivität. Wir erhalten Bewerbungen aus ganz Österreich. Das gibt uns den Jungbrunnen für die Facharbeiter. Das Durchschnittsalter bei KTM beträgt 36 Jahre. Lehrlinge haben eine Einstellungsgarantie nach Sozialdienst bzw. Bundesheer.
Bieten Sie bessere Konditionen als andere Firmen?
Nein, es sind das Produkt und das Umfeld. Wenn sie 15 oder 16 Jahre alt sind, was gibt es Besseres als ein Motorrad und die Möglichkeit, weltweit herumzukommen oder irgendwann in den Rennsport zu wechseln? Und bei uns auf dem Land hat die Hauptschule noch eine gute Qualität. Ich höre von anderen Firmen, dass es in Ballungsräumen immer schwieriger wird, qualifizierte Lehrlinge zu finden.
Der Durchbruch auf dem Massenmarkt lässt bei Elektroautos auf sich warten. Im Zweiradbereich dürfte das noch schwieriger werden, da der Motoren-Sound einen Teil vom Fahrspaß ausmacht...
Das mag ein Harley-Fahrer denken, aber nicht im Offroadbereich. Mit einem Verbrennungsmotor dürfen sie ja fast nirgends mehr im freien Gelände fahren. KTM ist im Bereich Elektromobilität im Zweiradbereich einer der technologisch Führenden. Unser elektrisches Geländemotorrad geht im Sommer in Großserie. Mit dem kann man auch dort fahren, wo man sonst nur mit einem Mountainbike fahren kann.
Eine Frage zur Zukunft: Wo sehen Sie KTM in zehn Jahren?
Wir sind seit 2013 Europas größter Sportmotorradhersteller. In zehn Jahren wollen wir weltweit den dritten Platz belegen. Honda ist die große Allmacht, das wäre tollkühn. Yamaha auch. Aber Suzuki und Kawasaki zu überholen ist unser Ziel. Wir werden heuer 145.000 Einheiten machen und bis 2020 wollen wir 250.000 schaffen (2013 verkaufte KTM weltweit 123.859 Motorräder, Anm.).
Das Finanzresearch-Unternehmen Obermatt hat 59 börsenotierte österreichische Unternehmen mit deren internationalen Konkurrenten nach den Kennzahlen Wachstum, Gewinn und Rendite verglichen. Das Resultat ist ein Perzentilrang. Wer zum Beispiel im Umsatzwachstum besser war als 80 Prozent der vergleichbaren Unternehmen, erhält den Rang 80. Das Unternehmen mit dem höchsten Rang gewinnt die entsprechende Kategorie, das mit dem höchsten Durchschnittsrang über alle Kategorien gewinnt die kombinierte Kategorie/Gesamtwertung.
Mit freundlicher Genehmigung vom Wirtschaftsblatt