Die letzten Wochen sagen exakt nichts über die kommenden 30 Jahre aus – egal, ob es um Politik, Wissenschaft oder die Börse geht. Trotzdem beurteilen Finanzprofis die Risiken anhand der Abweichungen vom Index: Je mehr eine Aktie sich davon distanziert, umso höher ist ihr Risiko.
Das ist aber völlig falsch, wie folgende Abbildung illustriert und die wir im Video detailliert besprechen:Angenommen, es liegen ein bestimmter Index (blau) und die zwei Aktien rot und grün vor. Das vergangene Jahr «1», links durch zwei Linien begrenzt, zeigt, dass die rote Aktie in diesem Zeitraum näher beim Index war als die grüne – und folglich geringerem Risiko ausgesetzt war. In diesem Beispiel bleibt das auch in den folgenden Jahren so.
Doch je mehr Zeit vergeht – hier sind es total 30 Jahre –, umso mehr steigt die grüne Aktie in ihrem Wert. Obwohl sie sich immer anders entwickelt als der Index. Das Beispiel zeigt: Indexnähe bedeutet nicht zwingend Risikoarmut.
Wer also die Anlageleistung aufgrund der Index-Abweichung beurteilt, macht gleich zwei Fehler. Erstens sagen die vergangenen paar Quartale wenig aus, wenn Aktien für Jahrzehnte gekauft werden. Und zweitens ist die Anlageleistung gerade dann gut, wenn man Aktien findet, die anders sind als der Index und am Ende eine höhere Rendite erzielen.
Das ist gar nicht so unrealistisch: Wenn die rote Aktie eine Öl-Aktie ist, dann hat sie viel mit der heute noch Öl-dominierten Wirtschaft zu tun und schwingt logischerweise mit dem Wirtschafts-Index rauf und runter. Eine Wind- oder Wasserkraftaktie hat wirtschaftlich noch viel weniger Bedeutung und schwankt deshalb ganz anders. Soll man also auf erneuerbare Anlagen verzichten, nur weil sie anders schwanken als der Index?
Wohl kaum. Die Index-Abweichung ist als Leistungsbeurteilung für Anlageleistung völlig nutzlos. Auch wenn glückliche Professoren für entsprechende Kennzahlen sogar den Nobelpreis erhalten haben.